Der Einstieg in den Ausstieg

Wer den Ausstieg wagt, muss Zeit haben. Ich kann jedem nur davon abraten, überstürzt die Zelte abzubrechen. Wer aus einer Laune heraus handelt, wird es später schwer haben. Und jeder Schritt in dieser kritischen Phase ist nicht mehr rückgängig zu machen. Wenn die Kündigung raus ist, ist sie raus. Wenn die Wohnung verkauft ist, ist man obdachlos. Ich habe überlegt, was ich mit meinen Möbeln mache? Verkaufen? Einlagern? Aus eine ist aufwändig, das andere teuer. Mit viel Glück habe ich einen Käufer für die Wohnung gefunden, der alle Möbel und das allermeiste Inventar übernommen hat. Von Messer und Gabel, über Kochtöpfe bis zur Käsereibe. Die Bilder wollte er haben, Fernseher und Staubsauger. Perfekt! Alles, was vom alten Leben blieb, passte in einen Golf. Gut, der war auch ziemlich voll. 

 

Ich habe viel gerechnet, Listen mit Pros und Contras angelegt, mir Gedanken über die Rente gemacht, über Freunde, die ich künftig weniger sehen werde. Ich habe überlegt, wo und wie ich leben will, wie viel Geld ich wohl brauchen werde, um eben leben und nicht nur überleben zu können. 

 

Der größte finanzielle Posten sind die Fixkosten wie Krankenversicherung und private Rentenvorsorge. Wichtig ist auch, dass die Krankenversicherung Leistungen im nichteuropäischen Ausland übernimmt. Diverse andere Versicherungen habe ich gekündigt. Unglaublich, was für einen Blödsinn man teilweise im Laufe der Jahre abgeschlossen hat. Auch habe ich das Bankkonto gewechselt, um in der Türkei kostenfrei Geld abheben zu können. Die Gebühren, die bei den meisten Geldinstituten fällig werden, liegen bei bis zu zehn Prozent. Ein viel zu großer Posten unnützer Verschwendung. Über meine genauen Kalkulationen werde ich  später ausführlich berichten, auch darüber, welche behördlichen Akte wie erweiterte Visa notwendig sind.

 

Da ich zuerst alleine auf dem Boot leben werde und auch nicht den Lonesome-Sailor mimen will, möchte ich mir einen festen Liegeplatz in der Türkei zulegen. Das kostet zwar, bietet aber auch Sicherheit. Und eine neue Heimat. Mein absoluter Lieblingsort ist Kas an der lykischen Küste, den ich vor mehr als 25 Jahren erstmals besuchte. Seitdem war ich bestimmt schon ein Dutzend Mal dort. Ob er ein guter Ort zum Überwintern ist, wird sich zeigen. Natürlich plane ich auch größere Touren, dementsprechend dimensioniert muss das Boot sein. Gefällt mir das dauerhafte Leben an Bord, ist auch ein Übersetzen über den großen Teich in ein oder zwei Jahren reizvoll. 

 

Das Boot muss nicht der schnellste Segler sein, dafür sollte es robust gebaut sein. Keine Fließbandware der Serienhersteller, schon gar kein ausgenudeltes Charterschiff. Wer auf einem Schiff leben will, braucht keine acht Kojen und schon gar keine drei Badezimmer. Stattdessen sollte die Pantry komfortabel, das Schiff weitestgehend autark sein mit Wasseraufbereitung und Solar- und/oder Windanlage. Um auch in subtropischen Nächten in den Schlaf zu finden, ist auch eine Klimaanlage nicht unbedingt verkehrt. Und für den Winter natürlich eine Heizung. Wobei die Winter an der türkischen Südküste nicht unbedingt kälter sein müssen, als ein Sommer in Dänemark, wie sie früher einmal waren. 

 

Ein neues Schiff in der Größenordnung von 40 bis 45 Fuß ist schlichtweg finanziell nicht drin. Es muss also ein gebrauchtes sein. Da jeder Cent, der auf dem Konto bleibt, die Dauer des Abenteuers vergrößert, habe ich mir ein Limit von 100.000 Euro gesetzt. Die Auswahl an entsprechenden Schiffen in der Türkei ist groß. Und Griechenland ist zur Not ja auch nicht weit weg. Ich bin auf der Suche nach einer Center-Cockpit-Yacht. Einer Moody, einer Hunter oder einer Amel. Oder ähnlichem.  Im Idealfall ist das Boot bereits EU-versteuert. Die Berichterstattung in Segelmagazinen dazu ist eine Katastrophe. Die Aussagen dazu könnten unterschiedlicher nicht sein. Ich habe deshalb direkt mit dem Zoll gesprochen. Doch dazu später mehr. Nur soviel: Ja, ein nicht EU-versteuertes Schiff ist ein Problem, wenn man in die EU segeln will. Aber die Probleme sind bei weitem nicht so groß (und teuer) wie manche behaupten. 

 

 

Zehn Yachten habe ich bereits gelistet, die ich mir in der Türkei anschauen will. Ein klarer Favorit ist auch dabei. Sollte die Realität nicht allzu weit von den Bildern im Netz abweichen, wäre das Schiff meine erste Wahl. Ich werde berichten. 

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