Ein Kindermärchen für Erwachsene

Auf die Frage "Was habt Ihr denn geraucht?" können wir nur mit den Schultern zucken. Wir wissen es nicht. Es roch ein bisschen wie katholische Kirche und angeblich, wenn man daran schleckte, schmeckte es nach ätherischen Ölen. Ich glaube ja, es war ein ganz gewöhnlicher Busch, auf den sich vielleicht einer der vielen Esel erleichtert hatte.

 

Unser kleiner Ausflug in die Sommerfrische jedenfalls war alles andere als langweilig. Zu viel von allem, als das man ernsthaft darüber berichten könnte. Und so reifte die Idee, ein Märchen daraus zu machen - ein Märchen für Erwachsene. Über das Leben und Zusammenleben an Bord. Und das Überleben in einer zunehmend chaotischen Welt da draußen. Mal schauen ob es gelingt.

 

Das Märchen handelt von Seebärchen und der kleinen Robbe Nimmersatt  (böse Zungen nennen sie auch: die Robbe Immervoll). Dazu stoßen Prinzessin Influenca, die aus Messiana stammt, einer Stadt, in der sich Klamotten, Kleider und Geschirr so hoch stapeln, dass die Menschen von ihnen im Winter Ski laufen. Als Zeichen ihrer Hochgeburt trägt sie immer ein eckiges weißes Zepter mit einem Apfel mit sich herum, über das sie mit ihrem Volk in Bildern kommuniziert. Vorausgesetzt, das magische "heiße Mal" ist aktiviert.

 

Was Prinzessin Influenca aber nicht ahnt ist, dass das Seebärchen auf hoher See die absolute die Macht über das "heiße Mal" erlangt hat. Und auch trotz verzweifelten Bitten und Betteln und Augenaufschlägen ("Kann ich bitte mal Deinen Hotspot haben") versucht, der Prinzessin Paroli zu bieten. Doch dann überschlagen sich die Ereignisse. Prinzessin Influenca erkrankt plötzlich an dem sonderbaren Virus Wlanitis. 

 

Helfen kann da nur noch die Kräuterhexe, die fern der Heimat auf der Suche nach ihrem Sehnsuchtsort ist. Und jeden Tag einen neuen findet. Zusammen mit der kleinen Robbe Nimmersatt, die aus der Karibik vertrieben wurde, nachdem sie dort alle Rum-Vorräte vernichtet hatte.

 

Und so könnte das Märchen beginnen:

 

 

Die kleine Robbe Nimmersatt

und Seebärchen auf großer Fahrt

 

Ein Kindermärchen für Erwachsene

(basierend auf wahren Begebenheiten)

 

 

Und als die Sonne sich am Abend von diesem wunderschönen Tag verabschiedet, ihr rotes Köpflein immer tiefer zum Dank verneigt, um es abzukühlen in dem glitzernden Meer, da geht das Seebärchen auf den Bug seines Bootes, vorbei an dem großen bunten Gennaker, der sich im lauen warmen Wind aufplustert wie ein eitler Pfau, und genießt das Farbenspiel am Horizont. Die kleinen Wellen kräuseln sich, zaubern Karos und Rauten auf den Spiegel, so dass auf ihnen die letzten Sonnenstrahlen tanzen und funkeln. 

 

„Die schönste Zeit des Tages“, brummt das Seebärchen in seinen von Salz und Sonne ergrauten Bart. Die kleinen Wölkchen, die wie eine Herde Heidschnucken am Himmel von Westen nach Osten ziehen, leuchten wie loderndes Feuer und das Meer spielt mit allen Nuancen von Blau und Grün. Die Konturen der kargen Berge im Süden werden immer diffuser und blasser, so dass die Zikaden beginnen ihre allabendliche Sinfonie zu zirpen, untermalt von dem Plätschern der Wogen an der Bordwand. 

 

Das Seebärchen setzt sich ganz nach vorn an die Spitze seines Bootes und lässt erst seine Beine baumeln, ein rechts, ein links, und dann seine Seele. Was ein schöner Tag das doch wieder war! Der Natur so nah ist er in seinen Gedanken ganz fern, als er ein leichtes Pochen am Rumpf vernimmt, erst zaghaft, dann etwas heftiger. Zwei Delfine schwimmen ganz dicht neben Seebärchens Boot, spielen mit den Wellen, springen aus dem Wasser, wechseln rochadengleich ihre Positionen.

 

Ungläubig steht das Seebärchen auf, hält sich mit der linken Hand am Vorstag fest, mit der rechten greift er seine orangene Limonade und schaut verzückt dem Schauspiel zu. Die beiden Delfine grinsen ihn an mit ihrem verspielten Lächeln, springen immer höher, bis sie die Bugsitze erreichen und einer der beiden dem Seebärchen zuruft: „Oh, eine Fanta!“ Und der andere einsetzt: „Morgens Fanta, abends stand er.“ Dann tauchen die Delfine wieder ins glasklare Wasser und sind verschwunden. Das Seebärchen lacht und kann es kaum glauben.

 

„Fips! Asmus! Was macht ihr denn hier?“

 

Und dann kommen sie wieder aus der Tiefe des Meeres herauf geschossen, ganz dicht vorbei am Kiel, und springen zu Seebärchen auf den Bug. Sie liegen sich in den Armen, knuddeln auf dem Deck. Flosse an Tatze an Flosse. Wie lange haben sie sich nicht gesehen? Ein Jahr? Zwei Jahre?

 

Fips schaut das Seebärchen plötzlich traurig an. „Ich muss Dir was sagen, Seebärchen. Gestern ist meine Frau mit meinem besten Freund Peter durchgebrannt!“.

Asmus rümpft seine feuchte Nase: „Seit wann ist Peter denn dein bester Freund?“

„Na seit gestern!“, wiehert Fips und beide Delfine fiepen vor Lachen und schlagen mit ihren Flossen auf das Deck, so dass es sich anhört wie dumpfer Donner.

„Der Witz ist alt“, sagt das Seebärchen nur und schüttelt den Kopf, so dass sein strähniges Nackenfell hin- und herwabert wie die Mähne eines Löwen in der Savanne.

„Na, gut“, sagt Asmus leicht eingeschnappt. „Aber der ist neu: ‚Was ist der wärmste Körperteil vom Hai? Na, weißt Du’s?“

Das Seebärchen rollt mit den Augen und zuckt die Schultern.

„Die Haizung!“, sagt Fips und prustet Wasser aus dem Blasloch, das ein bisschen riecht wie eine Kneipe am Morgen.

 

 

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